Freitag, 23. Juni 2017

"Komm und sieh!"


Immer wieder mal kommt meine 5-jährige Tochter Leah, um mir zu erzählen, was sie gerade gemacht oder gesehen hat. Während sie noch am reden ist, stoppt sie. Es kommt nur noch die Aufforderung: “Komm und sieh es dir an!”

Genau das passiert in unserem nächsten Textabschnitt. “Komm und sieh!” Dies war Jesus Einladung an zwei Jünger von Johannes dem Täufer. Aber ich hoffe, dass wir uns heute durch diesen Text auch wieder ganz neu einladen lassen, einfach zu kommen und selbst zu sehen, was Gott/Jesus für uns bereithält. So wie Leah mich an die Hand nimmt und zu mir sagt: “Komm bitte, damit ich es dir zeigen kann.” Und ich denke, so möchte auch Jesus uns oft an die Hand nehmen, und wir sollen einfach mitgehen und sehen. Lasst uns dies heute auch tun.

Dafür lesen wir zunächst, was es damals zu sehen gab. Dies steht in Johannes 1, 35 - 42.


Da standen die beiden nun. Sie wussten, dass Johannes der Täufer immer wieder gesagt hatte, dass er nicht der Messias sei. Aber nun war der Messias zu Johannes den Täufer gekommen. “Das ist er!”, sagte Johannes ihnen. Was sollten sie mit dieser Information machen? Sie kannten diesen Mann nicht. Er war jemand Neues für sie. Vielleicht waren sie bei Jesus Taufe dabei gewesen, vielleicht hatten sie auch nur davon gehört. Auf jeden Fall hatten sie Johannes gut genug zugehört, dass sie Jesus einfach erstmal hinterher liefen. Und so begann mit diesem wörtlichen Nachfolgen ihre Nachfolge von Jesus. 

Allein das ist für mich schon eine Herausforderung. Johannes der Täufer war jemand, der anders war. So anders, dass selbst die religiösen Führer herausfinden wollten, wer er ist. Die beiden Männer, um die es in diesem Text geht, waren seine Jünger. Es kann gut sein, dass sie nicht nur seine Lehren gut fanden, sondern Johannes dem Täufer sogar soweit nachfolgten, dass sie auch seinen asketischen Lebensstil praktizierten. Mit anderen Worten, sie waren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur von einer Idee begeistern, sondern Johannes der Täufer hatte ihr Leben verändert. Und nun forderte ihr Lehrer sie noch einmal auf, alles zu ändern, und ihr Leben nach diesem Jesus auszurichten. 


Lasst uns hier mal stoppen. Nimm dir ein paar Minuten Zeit und überlege dir, wie du auf Neuigkeiten reagierst, die das Potential haben, dein ganzes Leben zu verändern. Ich muss ganz ehrlich sein, dass meine erste Reaktion meistens ein “Nein, nicht jetzt!” ist. Ich habe auch genug gute Gründe, warum dies meine Reaktion ist. Ich fühle mich gerade wohl oder ich habe mich gerade erst an diese Situation gewöhnt. Wie geht es dir? Schreib ruhig deine Gedanken dazu auf.






Die beiden Männer hier allerdings waren bereit für etwas Neues. Sie waren auf der Suche nach der Wahrheit und würden dafür alles tun, auch ihr ganzes Leben ändern. Um das, was in unserem Abschnitt heute passiert ist, genauer zu verstehen, möchte ich, dass wir uns gemeinsam die Verben in dieser Geschichte anschauen. Denn nicht nur die beiden schon erwähnten Verben “kommen” und “sehen” sind in dieser Stelle aussagekräftig. Auch die anderen können uns Auskunft darüber geben, was hier passiert. Und dann auch vielleicht uns dabei helfen, wie die Jünger auf Jesus zu reagieren.  

Wir beginnen dafür bei den beiden Jüngern. Schreibt nun hinter die Versangabe das Verb, das das Handeln der Jünger beschreibt. Das Erste habe ich als Beispiel schon ausgefüllt.

Vers 35: _(bei jemanden) sein__

Vers 37: ___________, __________ 

Vers 38: ___________ (indirekt über Jesus Frage),___________ 

Vers 39: ___________, __________, ___________

Vers 40: ___________, __________ 

Vers 41: ___________ (nur was beide Jünger betrifft) 



Die Verben, die hier zu finden sind, kann man grob in zwei Gruppen/Themen zusammenfassen:
1. bei etwas sein, hören, folgen
2. suchen - finden

Es wird zweimal in diesem kurzen Abschnitt über die beiden Jünger gesagt, dass sie Johannes den Täufer hörten und dann Jesus folgten. Das zweite Verb sagt sehr viel über das Erste aus. Die beiden haben die Worte von Johannes nicht nur wahrgenommen, sondern sie sind in ihr Herz eindringen lassen. Durch das Hören folgte eine Tat. In diesem Fall das Folgen. 

Ich denke, dieser Zusammenhang - Hören führt zu Handeln - ist auch für unser Leben wichtig. Denn wir können viel über Jesus hören, oder in der Bibel lesen. Aber hören wir wirklich zu? Haben die Worte auch einen Effekt? Lese ich die Bibel, weil ein guter Christ das nun mal macht, oder weil ich mich auf Gott/Jesus und sein Wort einlassen will? Jesus beschreibt seine Zuhörer im  Matthäusevangelium mit “dem guten Boden”, auf dem sein Wort Frucht bringen kann:  “Ein Teil der Saat jedoch fällt auf guten Boden. Das bedeutet: Jemand hört das Wort und versteht es und bringt dann auch Frucht – einer hundertfach, ein anderer sechzigfach und wieder ein anderer dreißigfach.” (NGÜ, Matthäus 13,23) Hier verbindet Jesus das Frucht bringen mit dem Hören und Verstehen seiner Worte. Ein erster, wichtiger Schritt auf unserm Weg mit Jesus,  ist es also, dass wir sein Wort nicht nur lesen, sondern es auch verstehen. In diesem Zusammenhang fällt mir noch ein anderer Vers über Gottes Wort ein. Er steht in 2. Timotheus 3, 16: “Denn alles, was in der Schrift steht, ist von Gottes Geist eingegeben, und dementsprechend groß ist auch der Nutzen der Schrift: Sie unterrichtet in der Wahrheit, deckt Schuld auf, bringt auf den richtigen Weg und erzieht zu einem Leben nach Gottes Willen. (NGÜ)”



Hier gibt es ein paar Gründe, warum wir die Bibel haben, und wofür sie gut ist. Ich denke, dass all diese Gründe indirekt beinhalten, dass wir uns auch mit dem Gelesenen beschäftigen. Schreibe deshalb die Gründe aus der Stelle heraus und beschreibe dahinter kurz, was sie für dich bedeuten:


1. 

2.

3.

4.


Keiner der Nutzen ist, eine gute Zeit zu haben oder mal etwas Schönes zu hören. Nein, die Bibel - also Gottes Worte an uns, soll einen Effekt in unserem Leben haben. Und umso mehr wir sie verstehen, desto mehr hat sie einen Effekt auf uns. 

So sind die beiden Jünger mit den Worten, die sie gehörten hatten, umgegangen und kamen dadurch zu Jesus. Dieser stellte ihnen dann eine eigentlich sehr einfache Frage: “Was sucht ihr?” Aber damit hatten die beiden nicht gerechnet und deshalb war ihre Antwort eher ein: “Ähm, wo wohnst du eigentlich, Lehrer?”  

Aber was suchten sie eigentlich wirklich? Damit kommen wir zu den anderen Verben: suchen  - finden. Jesus konfrontieret sie hier mit der alles entscheidenen Frage: “Was wollt ihr wirklich vom Leben?” oder “Was sucht ihr im Leben?” Johannes schreibt hier bewusst, “was” und nicht “wen” sucht ihr? Die Antwort auf wen, wäre einfach gewesen. Den Messias, den Menschen, von dem Johannes der Täufer die ganze Zeit geredet hat. Nein, die Frage lautet: Was sucht ihr? Oder anders ausgedrückt -  Warum sucht ihr den Messias oder das Lamm Gottes? Die Antwort der Jünger ist eine Art, wie man die Frage beantworten kann, aber beim Lesen wird schnell deutlich, das es eine noch tiefere Frage hinter den Worten von Jesus steckt. 

Nimm dir mal kurz Zeit, und beantworte diese Frage für dich selbst. Was suchst du, wenn du Zeit mit Jesus verbringst? Wenn du ihm zu hörst, indem du die Bibel liest? 






Diese Frage zu beantworten ist oft schwer. Aber ich denke, auch wir können eine Antwort finden, wenn wir Zeit mit Jesus verbringen. Und machmal braucht es etwas Zeit, bis wir wirklich verstehen, wonach wir im Leben suchen. Manchmal finden wir auch erst dann heraus, was wir eigentlich suchen, wenn wir die Antwort gefunden haben. So geht es Andreas in unserem Abschnitt hier. Denn nach diesem Abend geht er verändert los und findet seinen Bruder und bringt ihn sofort zu Jesus, mit den Worten: “Wir haben den Messias gefunden!”
 Nach nur einem Abend war Andreas verändert. Wir wissen nicht, was an diesem Abend passiert ist, aber von dem zögernden Nachfolgen am Anfang wurde eine lebhaftes Erzählen. 



Um vielleicht einen kleinen Einblick davon zu bekommen, was die beiden so verändert hat, lasst uns Jesus Taten ansehen. Schreibt dazu nun alle Verben auf, die das Handeln von Jesus beschreiben:


Vers 36: ___________


Vers 38: ___________ ,___________ , ________ 


Vers 39: ___________


Vers 42: ___________, __________



Etwas, was mir hier auffällt,  ist, wie aktiv auch Jesus ist. Nicht nur die Jünger sind unterwegs - bewegen sich, sondern auch Jesus. Zuerst geht er vorbei. Und das ist bestimmt kein Zufall, Jesus öffentlicher Dienst hatte mit der Taufe begonnen. Er ging umher und war sichtbar für die Menschen. 
Aber das ist nicht alles, er war nicht nur sichtbar, sondern er ließ sich auf die Menschen ein. Denn in unserer Geschichte drehte er sich zu den Jüngern um. Die waren ihm wahrscheinlich gefolgt, ohne wirklich einen Plan zu haben. Was man ja an der tollen Antwort auf Jesus Frage sieht. Und da kam Jesus ihnen entgegen. Er blieb stehen und drehte sich zu ihnen um. Er lies sich auf die beiden ein - verwickelte sie in ein Gespräch.

Und so ist es auch noch heute. Jesus spielt nicht mit uns verstecken, oder fangen. Wenn wir uns nur richtig anstrengen, werden wir schon mehr von ihm erfahren. Nein. Auch heute noch dreht er sich zu uns um. Der ganze Grund, warum er auf die Erde gekommen war, war, damit Gott uns Menschen ganz deutlich zeigen kann, wer er ist. Jesus warten nur darauf, dass wir zu ihm kommen und ihm zu hören wollen.

Aber das ist noch nicht alles. Jesus geht nicht nur einen Schritt auf uns zu, oder macht manchmal den ersten Schritt zu einem Gespräch. Lies noch einmal Vers 42. 

Jesus sah Simon an und das veränderte alles. Jesus sah nicht nur den Mann, der Simon war - sondern auch den Mann, der er mit Jesus Hilfe sein könnte. Zu dem Jesus ihn machen wollte. D.A. Carson schreibt über diese Begegnung: “Dies ist nicht nur einfach eine ausgesprochene Prophezeiung, sondern eher eine  Aussage darüber, was Jesus aus ihm machen wird.” … “ Jesus, der die Menschen durch und durch kennt, und nicht nur in sie hineinsieht, sondern sie zu sich ruft, so dass ER sie zu dem machen kann, zudem er sie berufen hat.” 
(“This is not so much a merely predictive utterance as a declaration of what Jesus will make of him.” 
…  “Jesus who knows people thoroughly, and not only ‘sees into’ them but also calls them that HE makes them what he calls them to be.”  D.A. Carson, The Gospel according to John, 1991, Seite 156)

Lasst uns dies etwas genauer betrachten. Ich denke, dass auch Simon auf der Suche war. Er kam auf jeden Fall direkt mit, um zu sehen, was Andreas ihm da erzählte. Diese Begegnung veränderte dann alles. Nicht, weil Simon etwas tat - sondern Jesus. Mit diesem Ansehen und dem Versprechen änderte sich die Welt für Simon.
 Das Beste an der ganzen Geschichte ist, dass es auch noch heute so ist: Wenn wir uns auf die Suche machen, oder auch nur gewillt sind, uns auf Jesus einzulassen, dann kann Gott unsere Bereitschaft dazu benutzten, unser Leben völlig zu ändern. Simon wurde nicht auf der Stelle zu Petrus - zu dem Mann, den Jesus in ihm sah. Aber in den nächsten drei Jahren - auf dem gemeinsamen Weg - veränderte Jesus ihn Stück für Stück.



Die Frage ist nun, was wir damit machen. Denn auch heute noch lautet die Frage an uns: “Was suchst du?” Dies ist eine wichtige Frage in unserem Leben. Auch uns lädt Jesus ein, ihm zu folgen und eine Antwort darauf zu finden. Wenn wir ihm folgen, werden wir auch mehr und mehr lernen, wie er uns sieht - und ER wird uns verändern, so dass wir auch zu dieser Person werden. Lassen wir uns darauf ein? - Denn der Prozess ist nicht immer einfach - wie wir noch im Verlauf des Evangeliums sehen werden. Während wir Einblicke in die drei Jahre bekommen, die den Anfang von dem Prozess der Verwandlung von Simon zu Petrus darstellen, lade ich dich ein, diese Zeit dazu zu benutzen, Gott auch unser Leben zu Verfügung zu stellen, damit er uns ein bisschen mehr zu der Person machen kann, die wir in seinen Augen schon sind.

Montag, 29. Februar 2016

Das Opferlamm Gottes

Etwas ganz spannendes für mich sind Filme, in denen die Geschichte unter anderem auch durch kleine Details getragen wird, die einem erst beim mehrmaligen Anschauen auffallen. Einer dieser Filme ist Stolz und Vorurteil von 2005. Hier spielen die kleinsten Gesten eine wichtige Rolle und manchmal denkt man sich, warum es eine Großaufnahme einer bestimmten Geste gab, bis man später den Vergleich bekommt. Plötzlich wird die Veränderung der Einstellung nur durch diese Geste dargestellt. Und genau das passiert in unserem Text von heute. Wir werden uns ein kleines Detail betrachten, dass auf den ersten Blick keinen Sinn macht. Denn erst im Verlauf der Geschichte, die Johannes uns in seinem Evangelium erzählt, merkt man, wie er es benutzt, alles zusammen zu halten.

Lies dafür Johannes 1, 28 und schreibe kurz auf, was wir über den Ort, an dem Johannes tauft, erfahren.






Manche von uns haben schon einmal von einem Ort mit dem Namen Betanien gehört. Und zwar in Verbindung mit Lazarus, Martha und Maria, die dort wohnten. Aber dies ist nicht der gleiche Ort. 

Lies Johannes 11, 1 und 18 und schreibe auf, was wir hier über die Lage von Betanien erfahren.







Dieses bekannte Betanien liegt ganz in der Nähe von Jerusalem, an der Straße nach Jericho. Also nicht auf der Ostseite des Jordans, und ist somit nicht der Ort, an dem Johannes tauft. Die Taufstelle von Johannes dem Täufer wird noch an zwei weiteren Stellen im Johannesevangelium erwähnt,  aber beides Mal nur als “jenseits der Jordans”  (Johannes 3, 26 und Johannes10, 40) Bis heute weiss keiner so genau, wo dieses Betanien (am Jordan) eigentlich liegt. Was zumindest bei mir die Frage aufwirft, warum Johannes hier dem Ort diesen Namen gibt, und nicht wie an den anderen Stellen nur einfach sagt: “jenseits des Jordans”. 

Und auf meiner Suche nach einer Antwort bin ich über folgendes Zitat gestoßen, dass meinen Verdacht, dass diese Namensgebung durch Johannes kein Zufall ist, bestätigt hat. D.A. Carson schreibt in seinem Kommentar etwas sehr interessantes zu diesem Vers (der englische Originaltext mit Quellenangabe steht am Ende des Posts). Wir werden uns dieses Zitat langsam erarbeiten. Denn der Kommentator füllt seine These mit Textstellen, wobei die erste unsere Stelle für heute ist. Damit wir die Tragweite besser verstehen, werden wir jedes Mal eine kleine Pause machen, und uns den Text, auf den sich Carson bezieht, ansehen:

“Es ist gut möglich, dass Johannes hier diese Details benutzt (diese andere Schreibweise für den uns nicht bekannten Ort, was damals üblich war, wenn eine Erzähler einen Punkt machen wollte (Anmerkung von mir, wird im Text von Carson davor erklärt) ): er entscheidet sich für eine bestimmte Art der Rechtschreibung, um hervor zu heben, dass Jesus Dienst sowohl in ‘Betanien’ beginnt als auch dort endet. Zu Betanien, jenseits des Jordans wird Jesus als Lamm Gottes, dass die Sünde der Welt auf sich nimmt, identifiziert (1, 28-29); …”

Alles beginnt hier in Betanien, jenseits des Jordans. Lies nun Johannes 1, 28-34 und beschreibe danach kurz, was wir hier über Jesus durch das Zeugnis von Johannes, den Täufer erfahren





Nachdem der Täufer in dem Gespräch mit den Gesandten aus Jerusalem immer wieder den Fokus von sich weg gebracht hatte, bringt er ihn nun auf die Hauptperson, um die es uns alle gehen sollte. Und dies geschieht mit einem kleinen Wort in Vers 29: “Seht” oder “Siehe” ja nach Übersetzung.  Dies ist ein wichtiges Wort für Johannes. In der Elberfelder Übersetzung benutzt  er eins von beiden insgesamt 28 mal, und wenn man noch all die anderen Formen von sehen hinzunimmt, merkt man schnell, dass es Johannes wichtig ist, dass wir etwas sehen.  Das griechische Wort ide, was soviel wie “Siehe!”, “Seht!” oder “Guckt!” bedeutet, benutzt er gleich 13 Mal und 3 davon kommen in Kapitel eins vor. Das erste Mal in unserem Vers und dann auch noch in Vers 36 und 47. Wenn man sich all die Verse ansieht, merkt man schnell, dass es für Johannes eine tiefere Bedeutung hat, als einfach nur etwas wahrzunehmen. Wenn ihr wollt, könnt ihr dieses Wort auch zu eurer Liste von Wörtern aufnehmen. 

Was verstehen wir eigentlich unter dem Wort "sehen". Der Duden listet direkt 11 verschiedene Bedeutungen zu “sehen”. Damit wir dieses kleine Wort nicht mehr so schnell überlesen, lasst uns etwas darüber nachdenken. Schreibt dazu auf, warum die folgenden drei Bedeutungen gerade im Umgang mit Jesus wichtig sein könnten.



1. Aufmerksamkeit, Interesse, Erwartung auf jemanden, auf etwas richten oder gerichtet halten


2. erleben


3. erkennen, erfassen


Was auch immer Johannes  (der Täufer, sowie auch der Evangelist) mit der Aufforderung “Siehe!” gemeint hat, das was kommt ist wichtig, und wir sollten uns das genau “ansehen”.
Denn nach diesem kleinen Wort folgt die erste gewaltige Aussage über Jesus: “das Opferlamm Gottes, das die Sünde der ganzen Welt wegnimmt” (NGÜ). Das ist eine Aussage, die für viele von uns sehr bekannt ist. Aber für die Zuhörer von Johannes dem Täufer war dies sehr schwierig zu verstehen. Deswegen lasst uns diese Aussage einmal im Blick auf das Alte Testament auseinander nehmen. Denn das ist der Hintergrund, den die Menschen damals hatten. 
Da ist zunächst einmal das Opferlamm. Etwas, was die Juden damals wahrscheinlich wesentlich besser verstanden als wir heute - weit weg vom regelmäßigen Opferdienst im Tempel. 

Damit du einmal einen kleinen Einblick in das Opfersystem bekommst, lies einmal nur die Überschriften von 3. Mose 1 - 5 (eine umfangreiche Liste der Opfer), und schreibe auf, welche Opfer du dort begegnest. 






Wenn man den Text ganz liest, kommt dort 5 mal ein Lamm als Opfergabe vor. In einer dieser Stellen geht es um das Sündopfer. Da in der Aussage von Johannes das Opferlamm auch mit Sünde in Verbindung gebracht wird, lasst uns diese Stelle lesen.

Lies nun 3. Mose 4, 32-35. Schreibe danach auf, was für Gedanken dir bei folgenden Abschnitten aus dem Text kommen:

- “als Sündopfer schlachten”


- “All sein Blut soll er an den Fuß des Altars gießen.”


- “So erwirke der Priester Sühnung für ihn wegen seiner Sünde, die er begangen hat, und es wird ihm vergeben werden.”




Ich würde gerne wissen, was ihr so geschrieben habt. Ich habe eine Gänsehaut bekommen: hier wird Tod, Blutvergießen und Vergebung beschrieben. Und auch wenn wir diese Stelle vielleicht zum ersten Mal genauer gelesen haben, war dies ein Ritual, dass jeder Jude kannte. Mit der Erwähnung des Opferlammes war dieses Bild in den Köpfen: Tod und Blutvergießen als Notwendigkeit für die Vergebung. 
So weit so gut, aber nun kommt der Hammer. Denn wer bringt hier das Opferlamm dar?
Warum braucht Gott ein Opferlamm? Derjenige, der gesündigt hat, brachte doch das Opferlamm? Aber Gott hat doch nicht gesündigt, sondern wir. 
Das Einzige, was dem nahe kommt ist die Geschichte in 1. Mose 22. Abraham bekommt  hier den Auftrag von Gott, Isaak, seinen geliebten Sohn, zu opfern. Und auch wenn er es nicht versteht, ist er voll Vertrauen auf Gott.

Lies einmal 1. Mose 22, 8 und schreibe auf, was Abraham Isaak auf die Frage nach dem Opfertier antwortet. 





Laut dem Kommentar zur net.bible ist gerade diese Stelle sehr wichtig als Hintergrund zu dem Titel “Lamm Gottes”. “Im jüdischen Denken wurde dieses Opfer als ein überaus wichtiges angesehen. G. Vermes sagte: “Für den palestinänsichen Juden waren alle Opfer eines Lammes und besonders das Passahlamm oder die Opfer des Tamid (tägliche Opferungen) eine Erinnerung an das Akedah ( - die Geschichte von Abraham, der bereit ist, seinen Sohn Isaak zu opfern (1. Mose 22)), mit den Eigenschaften der Erlösung, Vergebung der Sünden und einer messianischen Rettung.”

Aber das Gott hier das Opfer bringt, ist erst der Anfang von dem, was neu ist. Denn direkt im Anschluss sagt Johannes: “dass die Sünde der ganzen Welt wegnimmt.” Wir wissen schon, dass das Opfer als Sündopfer geschlachtet wird. Aber etwas für die Jude unvorstellbares ist die Behauptung, dass durch dieses Opfer die Sünde der ganzen Welt tilgt. Das gab es noch nie. Auf jedes Opfer musste ein Neues folgen. Nie reichte ein Opfer für das Leben eines einzelnen Menschen, ganz zu schweigen von ganz Israel. Aber hier behauptet Johannes, dass mit diesem Opfer alle Sünden der GANZEN Welt weggenommen werden. Wir haben dies wahrscheinlich schon so oft gehört, dass wir schnell denken, ist doch klar. Aber für die Zuhörer von Johannes dem Täufer ist dies unvorstellbar. 

Lies Hebräer 10, 1-18. Diese Stelle fast sehr gut zusammen, was durch den Tod Jesus anders ist im Gegensatz zu den Opferungen im AT. Schreibe kurz auf, was dir heute ganz neu an dieser Stelle aufgefallen ist.







Insgesamt ist dieser eine Vers, den wir uns nun unter die Lupe genommen haben, wie eine sehr komprimierte Zusammenfassung von der Botschaft des Täufers. Dies ist auf den Punkt gebracht, die Person, auf die er hinweist. Und für mich benutzt Johannes, der Evangelist dies  als Zusammenfassung für sein Evangelium. Diese Aussage wird er durch den Rest seines Berichtes über Jesus untermauer und genauer erklären. Er möchte den Leser aber schon einmal darauf vorbereiten, dass vieles anderes ist, als es zunächst den Anschein macht. Und wir brauchen uns keine Sorgen machen, wenn wir vieles noch nicht verstehen. Oder alles so viel auf einmal ist. Es soll uns neugierig machen. Fragen aufwerfen, die wir beim Weiterlesen in Hinterkopf haben sollten.

Nach dieser, nicht so einfach zu verstehenden Einleitung, wird es doch einfacher. In den nächsten Versen wiederholt Johannes der Täufer noch einmal, wer er ist, und warum er gekommen ist. Mit seinen Worten aus Vers 31, ist er gekommen, “weil Israel erkennen soll, wer er (Jesus) ist.” Und da Jesus gerade zu seiner eignen Taufe auftaucht, die Johannes in seinem Evangelium nicht beschreibt, ist die Aufgabe des Täufers fast am Ende. Nur eins bleibt noch. Allen unmissverständlich zu erklären, warum Jesus der ist, auf den er immer wieder hingewiesen hat. Und dies geschieht mit den Versen 31 - 34. 

Lies diese Verse noch einmal, und schreibe mit eigenen Worten auf, warum Johannes, der auch nicht den Menschen kannte, auf den er hinweisen sollte (Verse 31 und 32), nun fest davon überzeugt ist, dass es Jesus ist. 






Und wieder sind wir dabei, dass es hier um einen Augenzeugenbericht geht. Johannes erzählt hier seine eigne Geschichte. Was er von Gott erfahren hat, und was er gerade mit eignen Augen gesehen hat. Und somit stellt er die Zuhörer vor die Entscheidung, was sie mit dem Gehörten machen sollen. Glauben sie Johannes und seinem Zeugnis, oder nicht? Es geht nicht darum, ob Johannes die besten Argumente dafür hat, warum jetzt gerade Jesus, der Messias ist, sondern er erzählt, was er erlebt hat. Und entweder glauben die Leute ihm, und dass er vertrauenswürdig  ist, und damit auch seine Botschaft, oder nicht. Und das bedeutet es, Zeuge zu sein. Wir erzählen Geschichten aus unserem Leben, das, was wir mit Gott erlebt haben. Wie wir ihn persönlich erfahren haben. Wir lassen Gott durch unser Leben sprechen. Und dann ist es an den anderen, zu entscheiden, ob er uns glauben kann oder nicht. Und so hängt viel davon ab, ob unser Leben, ob unsere Handlungen mit dem übereinstimmen, was wir erzählen. Zeuge zu sein, ist mehr als eine Botschaft weiterzugeben. Man lebt es. Für Johannes den Täufer war seine Botschaft nicht nur leere Worte, er hat es gelebt.

Nimm dir kurz Zeit, mit Gott darüber zu reden, ob es Bereich gibt, wo unser Leben nicht mit unserer Botschaft übereinstimmen. 






All dies geschieht am Anfang von Jesus öffentliche Dienstes. Gehen wir nun mal in unserem Zitat ein Stück weiter. Um den Anschluss zu bekommen, beginnt das Zitat noch mal am Anfang.

 “Es ist gut möglich, dass Johannes hier diese Details benutzt (diese andere Schreibweise für den Ort, was damals üblich war, wenn eine Erzähler einen Punkt machen wollte (Anmerkung von mir, wird im Text von Carson davor erklärt) ): er entscheidet sich für eine bestimmte Art der Rechtschreibung, um hervor zu heben, dass Jesus Dienst sowohl in ‘Betanien’ beginnt als auch dort endet. Zu Betanien, jenseits des Jordans wird Jesus als Lamm Gottes, dass die Sünde der Welt auf sich nimmt, identifiziert (1, 28-29);am Ende seines öffentlichen Dienstes, zieht er sich an den gleichen Ort zurück und das Zeugnis von dem Täufer wird wiederholt (10, 39-40).”

Nachdem wir uns das nun die ganze Zeit über angesehen haben, liest einmal diese Zusammenfassung, über Johannes (der Täufer) Leben und Dienst in Johanne 10, 39-40 und schreibe kurz auf, was du über dieses Zeugnis denkst.



Ist das nicht eine großartige Zusammenfassung. Ich wünschte mir, dass man das am Ende auch über mein Leben sagen könnte: Stephi hat zwar keine Wunder vollbracht, aber das was sie sagte, war wahr. Sie hat uns wirklich die Wahrheit erzählt. Und das tolle ist, wenn wir die Botschaft von Jesus weitergeben und wir diese auch ausleben, dann wird dies auch auf uns zutreffen, denn Jesus ist die Wahrheit.


 “Dann, gleich im nächsten Kapitel, vollführt Jesus sein letztes und größtes ‘Zeichen’ bevor dem Kreuz, die Auferstehung des Lazarus - in Betanien in der Nähe von Jerusalem (Johannes 11).Das Ergebnis ist die Ankündigung, dass Jesus als ein Opfer für das Volk sterben muss (11, 45-53) - wirklich das versprochene Lamm Gottes. Was als ein öffentlicher Dienst im Norden beginnt, endet mit einer öffentlichen Kreuzigung im Süden. Judäa, Samarien, Galiläa und nun auch Transjordanien (zu dem Batania (der wirkliche Name von “Betanien”, Anmerkung durch mich, wird vor dem Zitat erörtert) gehörte), alle Teile des versprochenen Landes, werden erwähnt. Denn Jesus war nicht nur ein regionaler Messias, ein Provinzprediger, sondern das wahre Israel. Als der subtile Schreiber, der er ist, greift Johannes geographische Notiz in diesem Vers Hauptthemen in seinem Evangelium auf und verbindet sie.”   

Lass uns nun zum Abschuss noch diese letzte Stelle lesen. Sie steht in Johannes 11, 45 -53. Wenn du Zeit hast, lies ruhig das ganze Kapitel. Schreibt beim Lesen eure Gedanken auf.




Als ich dieses Zitat und die angegeben Stellen zum ersten Mal gelesen habe, ist es mir kalt über den Rücken gelaufen. Johannes (der Evangelist) fängt die Beschreibung von Jesus Dienst mit den Worten “Seht, hier ist das Opferlamm Gottes, das die Sünder der ganzen Welt wegnimmt.”(Johannes 1, 29) und endet mit dem Beschluss des jüdischen Volkes, Jesus zu töten, damit nicht das ganze Volk streben muss. Und alles, was wir uns von nun an ansehen werden, müssen wir in diesem Licht betrachten. Jesus - Gottes Opferlamm - starb für uns. Und diese Botschaft sollen wir ausleben, als ein Zeugnis für die Menschen um uns herum. 



Original der Zitates: D.A. Carson, The Gospel according to John, 1991, Seite 147
“It may well be that John uses these details to make a point: he opts for a particular spelling to point out that Jesus’ ministry begins and ends at ‘Bethany’. At Bethany on the other side of the Jordan Jesus is identified by the Baptist as the Lamb of God who takes away the sin of the world (1:28-29); at the end of his public ministry, he retreats to the same place, and the witness of the Baptist is reviewed (10:39-40). Then in the very next chapter, Jesus preforms his last and greatest ‘sign’ before the cross, the raising of Lazarus - at Bethany near Jerusalem (Jn 11). The result is the announcement of the need for Jesus to die as a sacrifice for the people (11:45-53) - the promised Lamb of God indeed. What begins as public witness in the North ends in public crucifixion in the South. Judea, Samaria, Galilee, and now the Transjordan (of which Batanea  was a part), all the regions of the promised land, are mentioned. For Jesus was not a regional Messiah, a parochial preacher, but the true Israel. Subtle writer that he is, John’s geographical note in this verse anticipates and links major themes in his gospel.”

Freitag, 2. Januar 2015

Wer bin ich ?

“In welcher Weise Johannes auf ihn hinwies, macht folgende Begebenheit deutlich...“ (NGÜ, Johannes 1,19)

Die nächsten Abschnitte im Johannesevangelium werden sich alle irgendwie um das Thema “Zeuge sein” drehen. Wir haben uns ja schon in der Einleitung zusammen angesehen, was Johannes mit “Zeuge sein” meint.  Und nun kommen wir zu den  Berichten, die uns praktisch zeigen, wie dies aussehen könnte. Zuerst betrachten wir uns dazu Johannes den Täufer. Sein Leben und Wirken ist ein ganz guter Startpunkt, da es sein Auftrag war, ein Zeuge für Jesus zu sein.

Als kurze Erinnerung daran, schreibe kurz Johannes 1, 8 auf. (Eine kleine Notiz: Ihr werdet merken, dass ich euch immer mehr dazu auffordern werde, Verse aufzuschreiben anstatt sie einfach zu lesen. Ich mache das nicht, weil mir Ideen für Fragen ausgehen, sondern weil ich selbst in den letzten Monaten gemerkt habe, was für einen Unterschied es macht, wenn man etwas nicht nur liest, sondern es niederschreibt - man liest genauer und meditiert automatisch ein bisschen über den Vers oder die Stelle. Probiert es selbst einmal aus.)





Dieser Vers macht deutlich, dass Johannes Zeugnis zwei Aspekte hatte. Zum einen war er nicht das Licht, und stellte dies unmissverständlich fest. Und zum anderen wies er auf das Licht hin. Und nach seiner Einleitung beschreibt Johannes (der Schreiber des Evangeliums) diese beiden Aspekte anhand von zwei Begebenheiten. Und wir werden uns heute einen davon genauer ansehen.

Als Einleitung zu unserem heutigen Abschnitt noch eine kurze Frage: Wenn dich jemand fragen würde: “Wer bist du?”, was würdest du mir antworten? Und nachdem du eine Antwort aufgeschrieben hast, lies Johannes 1, 19 - 28.







Wahrscheinlich hast du meine Frage nicht damit beantwortet, indem du erstmal erklärt hast, wer du nicht bist. Aber genau das tut Johannes der Täufer hier. Denn in diesen Versen weisst er auf Jesus hin, indem er klar stellt, wer er (Johannes der Täufer) nicht ist. Aber bevor wir uns damit beschäftigen, warum dies so wichtig ist, sehen wir uns dieses Gespräch erst einmal genauer an.

Zwischen welchen Personen spielt sich das Gespräch ab?




Anders ausgedrückt waren dies die offiziellen Abgesandten der religiösen, jüdischen Führungsschicht, die geschickt worden waren, um herauszufinden, was sich dort am Jordan abspielte. Die religiösen Anführer in Jerusalem hatten Berichte erhalten, dass dort jemand predigt und die Leute tauft. Und dies anscheinenden mit immer größerem Erfolg. Und nun mussten sie unbedingt wissen, mit wem sie es zu tun hatten. Wahrscheinlich damit sie dann entscheiden konnten, wie und ob sie reagieren müssen. Und dazu schickten sie diese Gruppe von Jerusalem zum Jordan. Aber anstatt ihre Frage zu beantworten, erzählt Johannes der Täufer ihnen erstmal, wer er nicht ist: Er ist nicht der Messias. Und im Verlauf des Gespräches verneint er auch noch, dass er Elia oder “der Prophet” ist. Lasst uns nun diese drei Personen genauer ansehen, damit wir besser verstehen können, warum gerade dieser drei Personen in Frage kamen.

Messias/Christus:

“Und er bekannte, und er leugnete nicht, und er bekannte: “Ich bin nicht der Messias!”” (Vers 20)

“»Messias« ist das hebräische Wort für »Christus«. (Johannes 1, 41)

Johannes macht uns ganz deutlich, dass Johannes der Täufer niemals auch nur den Anschein gegeben hat, dass er der Messias sein kann. Das dreimalige Wiederholen in Vers 20 zeigt uns ganz deutlich, dass niemand in Johannes Nähe sein konnte, ohne mit zu bekommen, dass er selbst fest davon überzeugt ist, dass der nicht der Messias ist. Die Juden warteten nun schon so lange auf den versprochenen Retter, den Messias, dass sie wahrscheinlich jedes Mal, wenn jemand auftrat, der auch nur den Anschein erweckte, dass er es sein könnte, hofften, dass er es auch sei. Ich bin gerade dabei ein Geschichtsbuch über die  Zeit von Jesus und von der ersten christlichen Gemeinde zu lesen. Und ein Abschnitt beschäftigt sich gerade mit der Frage, wie sehr die Suche und das Warten auf den Messias, den Nachkommen Davids, wirklich etwas Präsentes für die Menschen zur Zeit Jesus war. Und man hat Gebete und Lieder gefunden, in denen die Menschen Gott darum bitten, dass er doch endlich den Messias schickt. 
Wie zum Beispiel in den “Psalmen der Salomos”, die im 1. Jahrhundert vor Christus geschrieben wurden: 
“Sieh, oh Herr, und erhebe für sie ihren König, den Sohn Davids … 
Und gürte ihn mit Kraft, so dass er die ungerechten Herrscher zerschlagen kann … 
Mit einem Stab aus Eisen soll er alles Wesentliche von ihnen in Stücke brechen … 
Und es soll in seinen Tage keine Ungerechtigkeit in ihrer Mitte sein, 
Denn alle sollen heilig und ihr König soll sein, der Gesalbte (= der Messias) des Herrn.” (Psalm von Salomon 17, 21+32) (Hervorhebung durch mich)

(“Behold, O Lord, and raise up for them their king, the son of David … And wird him with strengt, that he may shatter unrighteous rulers … With a rod of iron he shall break in pieces all their substance … And there shall be no unrighteousness in his days in their midst, For all shall be holy and their king, the annointed (= the messiah) of the Lord.” , Paul Barnett, Jesus & the Rise of Early Christianity, 1999, Seite 39) 

Und auch in den “Achtzehn Segnungen”, die für den Gebrauch in den Synagogen zur Zeit von Jesus geschrieben worden waren, steht: 
Sei gnädig, Oh Herr, unser Gott, gemäß deiner großen Güte gegenüber Israel, 
deinem Volk, und Jerusalem, deiner Stadt, 
und gegenüber Zion, der Wohnstätte deiner Herrlichkeit; 
und gegenüber deinem Tempel und deinem Wohnsitz; 
und gegenüber dem Königreiches des Hauses Davids, 
deinem gerechten Messias, gesegnet seist du, oh Herr, 
Gott Davids, Erbauer von Jerusalem. 
(Palästinische Manuskripte)  

Lass den Zweig Davids schnell hervorspringen
und erhöhe sein Horn durch deine Rettung. 
[Denn wir erwarten deine Rettung (stets)
Gesegnet seist du, oh Herr, der Rettung hervorbringt. 
(Babylonische Manuskripte)”(Hervorhebung durch mich) 

(“Be gracious, O Lord, our God, according to your great mercies to Israel thy people, and Jerusalem thy city, And Zion, residence of thy glory; and to thy Temple and dwelling place; And to the kingdom of the house of David, thy righteous Messiah, Blessed art thou, O Lord, God of David, Builder of Jerusalem. (Palestinian rescension) Make the branch of David soon spring forth, And let his horn be exalted by thy salvation. [For we await thy salvation (always).] Blessed art thou, O Lord, who makes salvation spring forth. (Babylonian rescension)”,Paul Barnett, Jesus & the Rise of Early Christianity, 1999, Seite 40)

Da so viele auf diesen Messias warteten und sich danach sehnten, dass Gott endlich seine Versprechen wahr machen würde, wollten die führenden Juden nun genau wissen, ob Johannes der Täufer dieser versprochene Messias sein könnte. Und dieser wusste eine Antwort auf diese Frage, für die er auch nicht lange überlegen musste: “Ich bin NICHT der Messias!” Und dies betonte er jedes Mall, denn er kannte wahrscheinlich die Menschen, die zu ihm kamen, und die liebend gerne ihn zum Messias gemacht hätten, einfach nur, damit das Warten ein Ende hat. Somit ist dies sofort seine erste Antwort auf die Frage: “Wer bist du?”. Was man dann auch umschreiben kann: “Ich bin nicht der, nach dem ihr sucht, oder nach dem ihr suchen solltet.”


Aber diese Antwort war den Abgesandten nicht genug. Anscheinend war das Auftreten von Johannes dem Täufer so gewaltig, dass sie wusste, dies kann kein gewöhnlicher Mensch sein. Etwas ist besonders an ihm. Und deshalb fragen sie nun direkt nach zwei anderen Personen, die für uns etwas unverständlicher sind. Die erste Person, die wir uns zusammen ansehen werden, ist “der Prophet”, auch wenn die Abgesandten erst nach Elia fragen. 


der Prophet

“ “Bist du der Prophet, ‘der kommen soll’?” - “Nein”, erwiderte er.” (NGÜ, Vers 21)


Um herauszufinden, worauf sich diese Frage bezieht, müssen wir an den Anfang der Bibel zurückkehren. Denn dieser besagte Prophet wird im fünften Buch Mose zum ersten Mal erwähnt. 

Lies dafür 5. Mose 18, 15-19 und schreibe auf, was du dort über diesen Propheten lernst. 




Gott verspricht hier Mose und dem Volk Israel, dass mit dem Tod von Moses nicht alles vorbei sein wird. Ja, es stimmt, das Volk  wird bald seinen größten Propheten verlieren. Einen Menschen, der Gott gesehen hat, der für das Volk mit Gott geredet und dem Gott soviel gezeigt hat. Gott hat durch Moses seinem Volk gezeigt, wer er ist, und wer sie sind  - und damit auch wer wir sind. Moses war der Vermittler zwischen dem Volk und Gott. Und nun sollte er bald sterben, und damit eine riesige Lücke hinterlassen. Denn wer sollte nun diese Rolle einnehmen? Und deshalb verspricht Gott hier, dass er noch einen Propheten schicken wird, der das Volk leiten und ihnen Richtung geben wird, und der ihnen so wie Mose all das mitteilen wird, was Gott ihm aufgetragen hat. 

Und auch diese Beschreibung passt nicht zu Johannes dem Täufer. Er ist es nicht, aber es wird nicht mehr lange dauern, bis das Volk anfängt zu sehen, wer dieser Prophet sein könnte. 

Lies dazu Johannes 6, 14 und Johannes 7, 40 (Wenn du willst, kannst du auch jeweils die Verse davor lesen.) und schreibe auf, was wir hier über den Propheten lernen.




Von wem wird in diesen Versen gesagt, dass er der Prophet ist - Jesus. Und nun haben wir wieder einmal Moses und Jesus nebeneinander. Und Johannes hat die beiden schon in seiner Einleitung miteinander verglichen:

“Denn durch Mose wurde uns das Gesetz gegeben, aber durch Jesus Christus sind die Gnade und die Wahrheit zu uns gekommen.” (Johannes 1,17; NGÜ)

Die Leute werden bald sehen, dass dieses Versprechen, dass Gott Mose und seinem Volk vor so langer Zeit gegeben hat, nun endlich in Erfüllung geht. Nun wird Gott sein Werk, dass er damals mit Mose und dem Geschenk der Gebote angefangen hat, durch Jesus beenden. Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber ich staune immer wieder darüber, wie Gott von Anfang an einen Plan hatte, und wir Schritt für Schritt sehen können, wie er ihn auch ausführt. Schritt eins war all das, was er durch Moses offenbart hat. Und Schritt zwei ist nun das, was wir durch Jesus lernen. 

Lies Offenbarung 15, 2 -4 und schreibe auf, wessen Lied die “Überwinder über das Tier” singen, und fasse kurz in deinen eigenen Worte diese Lied zusammen.





Sowohl das, was Mose mit Gott erlebt hat, als auch das Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus stimmen ein Loblied auf die Gerechtigkeit Gottes an. Durch das, was wir durch Moses gelernt haben, durch das, was wir durch Jesus gelernt haben und noch lernen, und durch das, was wir durch die Vollendung von Gottes Pläne lernen werden, werden wir - und dann auch alle anderen - erkennen, wie großartig Gottes Pläne sind. So großartig, dass alle ihn dafür verherrlichen sollten und es auch eines Tages werden. Ein Stückweit können wir dies mehr und mehr lernen, wenn wir uns mit seinem Wort beschäftigen. Jede neue Entdeckung, jedes Mal, wenn ich etwas Neues lerne, bringt mich dazu, über Gottes wunderbare Art, alles nach seinem Willen zu lenken, zu staunen und ihn dafür zu loben  und  an zu beten. Und ist das keine tolle Motivation, mehr sein Wort zu studieren?


Wenn wir nun all das, was wir über den Propheten gelernt haben, zusammennehmen, merken wir, dass die Frage, wer der Prophet ist, eigentlich die Frage nach dem Messias ist. Und damit sind die Abgesandten auch mit dieser Frage bei Johannes dem Täufer falsch. Damit bleibt noch eine Person übrig, nach dem die Abgesandten fragen können:




Elia:

»Wer bist du dann?«, wollten sie wissen. »Bist du Elia?« – »Nein«, antwortete er, »der bin ich nicht.« (NGÜ, Vers 21)

Warum denken die Abgesandten überhaupt, dass Johannes Elia sein könnte? War er nicht einer der Propheten, der vor sehr langer Zeit in Israel wirkte? 

Um einer Antwort darauf näher zu kommen, lies bitte 2. Könige 2, 1-13 und Maleachi 3, 22 -24 . Dann schreibe kurz auf, was du aus diesen Stellen über Elia lernst.




Wenn wir uns nun noch etwas tiefer mit der Frage nach Elia beschäftigen, wird es sehr schnell interessant. Erinnere dich daran, dass Johannes der Täufer hier ganz klar sagt, dass er nicht Elia ist. 

Lies nun Matthäus 11, 7 - 15 und Matthäus 17, 9 -13. Schreibe kurz auf, was Jesus hier zu dieser Frage sagt. Und wenn du möchtest kannst du auch noch in Lukas 1, 13-17 die Prophezeiung zu Johannes dem Täufer lesen, die sein Vater vor seiner Geburt bekommen hat. 




Ich finde dies sehr interessant. Vor der Geburt von Johannes dem Täufer wurde vom Engel vorhergesagt, dass der Geist des Elias auf ihm ruhen wird (siehe Lukas 1, 13 - 17). Und auch bei Jesus ist es ziemlich klar, dass er denkt, dass Johannes der Täufer Elia ist. Warum verneint er selbst es dann?
Je nachdem wie man sich diese Frage ansieht, kann man zu dem Schluss kommen, dass beide Recht haben. Johannes der Täufer ist nicht Elia, der Mensch, der mit einem Feuerwagen in den Himmel gefahren ist. Somit hat er Recht, wenn er sagt: Ich bin nicht Elia. Aber dann gibt es noch den “Elia”, der kommen soll, und ich denke die Beschreibung aus der Prophezeiung passt dort sehr gut: “Erfüllt mit dem Geist und der Kraft des Elia, wird er vor dem Herrn hergehen.” (NGÜ, Lukas 1, 17) Johannes ist also dem Geiste nach Elia und somit hat Jesus Recht, wenn er sagt, dass Johannes der Täufer Elia ist. Und hier haben wir eine der Doppelbedeutungen, mit denen Johannes (der Evangelist) so gerne spielt. Johannes der Täufer ist und ist nicht Elia. Aber eine Antwort auf die Frage, warum er selbst verneint, Elia zu sein, können wir im Laufe des Gespräches erahnen.


Aber bevor wir uns den Text weiter nach einer Antwort darauf ansehen, schreibe kurz deine eigenen Gedanken dazu auf, was Johannes den Täufer dazu bewogen haben könnte, zu sagen, dass er nicht Elia ist.




Nachdem wir uns nun damit beschäftigt haben, wer Johannes der Täufer nicht ist, kommen wir nun in Vers 23 zum Wendepunkt in unserer heutigen Geschichte. Zu diesem Zeitpunkt sind die Abgesandten wahrscheinlich schon  verzweifelt. Denn dieses Mal klingt die Frage eher bettelnd. Sie können doch nicht mit leeren Händen nach Jerusalem zurückkehren. Kann er ihnen nicht endlich eine Antwort geben? Und dann endlich sagt uns Johannes, wer er seiner Meinung nach ist. Er ist eine Stimme. Und nicht nur irgendeine. Er ist eine Stimme mit einer Botschaft. 

Und das ist es, wie sich Johannes der Täufer selbst sieht. Es ist ihm egal, wer er als Person ist. Viel wichtiger ist ihm sein Auftrag. Er kennt diesen, und auch seine Stellung und seinen Ruf von Gott. Und dies wird auch in den folgenden Versen deutlich. Ein kleiner Teil der Abgesandten ist auch nach dieser Antwort immer noch nicht ganz zufrieden. Sie haben noch ein Problem - die Frage nach der Autorität der Taufe. Denn woher nimmt eine “Stimme” die Autorität, Leute als Zeichen ihrer Umkehrt zu taufen (siehe Matthäus 3, 11).


Und wieder lenkt Johannes der Täufer schnell von sich ab. “In der Tat erwiderte Johannes, ja, ich taufe wirklich, und ich habe die Autorität dazu von Gott;aber ich bin nichts im Vergleich mit dem, von dem ich zeuge. Er ist der, der nach mir kommt wird, dessen Sandalen aufzubinden, ich nicht würdig bin.” (“Yes, John replies in effect, I do indeed baptize, I have  authority from God to do so; but I am nothing compared with the one to whom I bear witness. He is the one who comes after me, the thongs of whose sandals I am not worthy to untie.”, D.A. Carson, The Gospel according to John, 1991, Seite 146).
Johannes weiss, warum und wofür er die Menschen tauft. Er will sie auf das vorbereiten, was bzw. wer bald kommen wird. Und damit kommen wir dann zu dem zweiten Teil seines Zeugnisses: auf Jesus, das Licht der Welt, hinzuweisen. In unserer Geschichte von heute, gibt uns Johannes der Täufer schon einmal einen Hinweis auf diese Person: Diese Person ist viel, viel wichtiger für euch als ich. Und wenn ihr schon denkt, dass es wichtig ist, meiner Botschaft zu zu hören, und danach zu handeln, dann solltet ihr das viel mehr mit dem tun, was dieser Mann euch zu sagen hat. Denn nur er ist wichtig, nicht ich. Und das ist mehr oder weniger Johannes Antwort an die Abgesandten: “Ich bin nicht wichtig, ihr solltet euch lieber fragen, wer dieser andere ist, der bald kommen wird. Und ob ihr bereit seit, ihm zu begegnen.”

Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber wenn ich darüber nachdenke, wie es in meinem Leben so aussieht, muss ich doch immer wieder eingestehen, dass dies nicht meine Einstellung ist. Ich bin immer wieder überrascht zu sehen, wie wichtig es mir ist, was die Leute um mich herum über mich denken. Haben meine Gedanken, die ich weiter gegeben habe, Sinn gemacht, oder denken alle, dass ich das völlig falsch angegangen bin? Oder ähnliches. Aber selten frage ich mich Fragen wie: Habe ich es geschafft, den Menschen in meiner Umgebung Jesus näher zu bringen? Habe ich deutlich gemacht, dass es nicht darum geht, wer ich für sie bin, sondern wer Jesus für sie ist? Und wahrscheinlich fordert mich deshalb dieser Kommentar von Tom Wright zu unserem heutigen Text immer aufs Neue heraus: “Wir Prediger sind dazu aufgerufen, die gleiche Einstellung zu haben wie Johannes. Wir predigen nicht uns selbst, wie Paulus es sagt, sondern Jesus Christus, den Herr, und uns als eure Diener um seinetwillen (2. Korinther 4,5). Oder wie Johannes es sagt, ‘Ich bin nur eine Stimme’. Und da sehen wir seine Demut, und seine wahre Größe.” (“We preachers are called to the same attitude that John had. We don’t preach ourselves, as Paul said, But Jesus Christ as Lord, and ourselves as your servants for his  sake (2 Cor. 4:5). Or as John put it, ‘I’m only a voice’. There is his humility, and his true greatness.”, Tom Wright, John for Everyone, Seite 9 )

Wann warst du das letzte Mal mehr darauf bedacht, wie DU bei den Menschen ankamst, als du von Jesus erzählt hast, als darauf, sicher zu gehen, dass die anderen mehr von Jesus sehen oder lernen?




Wenn ich auch nur einen Moment lang darüber nachdenke, was meine Botschaft ist, und wen ich den Leuten nahe bringen will, dann rückt meine eigne Person schnell in den Hintergrund. Umso größer Jesus in meinem Leben wird, umso mehr ich verstehe, wer er ist, und was er für mich getan hat, umso kleiner und unwichtiger werde ich. Und eine Bibelstelle, die uns dabei helfen kann, ist die Stelle aus Jesaja, aus dem Johannes die Aussage nimmt, wer er ist.

Wir haben also heute gelernt, dass ein wichtiger Teil des “Zeugen sein”, darin besteht, zu wissen, warum wir Zeuge sind. Nicht damit wir gut bei den Menschen ankommen, oder sie uns mögen, sondern um sie Jesus näher zu bringen. Wir sollten uns mehr um Jesus und seine Botschaft an uns beschäftigen und uns darauf konzentrieren. 

Lies deshalb als Abschluss die ganze Stelle in Jesaja 40, 1-31. Und schreibe einmal auf, was dir dieses Mal an der Botschaft, die Gott für uns Menschen hat, am meisten angesprochen hat, und was du den Menschen in deiner Umgebung als “Stimme” weitersagen kannst.