Freitag, 21. Juni 2013

Wer war Johannes - Teil 2

Ich bin immer noch tiefbeeindruckt von Johannes Reaktion auf Jesu Worte: "Komm, und folge mir nach!" Diese Worte haben ihn dazu gebracht, alles stehen und liegen zu lassen. Nun stelle ich mir mal wieder die Frage: Würde ich es auch so machen? Obwohl ich ihm schon so lange nachfolge, weiss ich genau, dass es immer noch Momente gibt, an denen ich wahrscheinlich sagen würde: “Jesus, kannst du bitte bis morgen warten, damit ich Zeit habe, mir dies genau zu überlegen. Ich muss auch noch eben im Kalender nachschauen, ob nichts anderes Wichtiges geplant ist.”

Wenn du ganz ehrlich bist, wie würdest du Jesus heute antworten, wenn er zu dir sagen würde, "Komm, und lass uns was ganz Neues beginnen!"? 




Aber zurück zu Johannes. Wir haben uns letztes Mal den Anfang seines dreijährigen Abenteuer mit Jesus angeschaut. Die nächsten Stellen, die wir nun zusammen lesen wollen, geben uns einen kleinen Eindruck davon, was für eine Person Johannes war, als er Jesus begegnete.

Schlage einmal Markus 3, 13-19 auf und notiere dir den Namen, den Jesus hier Johannes und seinem Bruder Jakobus gibt.



In der Anmerkung zu dem griechischen Wort Boanerges, das hier benutzt wird, habe ich folgende Bemerkung gefunden: “Dieser Name erweckt den Anschein von feurigem und zerstörendem Eifer, der mit einem Gewitter vergleichbar ist.” (net.bible.org) Wie muss ein Mann auftreten, damit wir ihm den Spitznamen “Donnersohn” oder “Gewitter” geben würden.

Schreibe einfach einmal kurz auf, was für Bilder in dir wachgerufen werden, wenn jemand dir von seinem Freund “Gewitter” erzählen würde.



Wenn ich darüber nachdenke, sehe ich einen Schrank von Mann vor mir, wahrscheinlich mit vielen Tattoos, dem ich lieber nicht im Dunkeln allein begegnen würde. Jemanden, der schnell laut wird, und weiss, wie er seinen Willen durchsetzen kann; und wenn es sein muss auch mit Gewalt. Und dies ist so gar nicht das Bild, das ich bis jetzt von Johannes in meinem Kopf hatte.

Mit diesem Namen im Hinterkopf, lasst uns die nächste Stelle lesen. Schlag dafür Lukas 9, 51- 56 auf und beschreibe kurz wie diese Begebenheit zu Johannes Spitznamen passt.





Entweder machen hier Johannes und Jakobus ihrem Namen alle Ehre, oder, wie manche glauben, ist dies die Begebenheit aufgrund deren die beiden ihren Namen von Jesus bekamen. Es passt auf jeden Fall zusammen. Es ist nicht ganz klar, ob sie sich einfach nur aufregten, weil sie keine Unterkunft bekommen haben, oder ob auch die Tatsache, das es sich um Samariter handelte (Menschen, die ein “guter Jude” nicht leiden konnte), bei ihrer Reaktion eine Rolle spielte. Eins ist auf jeden Fall klar: Sie machten ihren Ärger Luft.

Lies nun die folgenden beiden Stellen und schreibe jeweils auf, wofür Johannes eintritt und wie Jesus darauf reagiert?

Markus 10, 35 − 45:



Lukas 9, 46 − 50:




Wenn ich diese Stellen so lese, und ich ein neues Bild von Johannes bekomme, dann kann ich mich schnell fragen, ob Jesus nicht  besser jemand anderen zu seinem Jünger berufen hätte. Hat sich Jesus nicht irgendwann gefragt, ob er einen Fehler gemacht hat, als er Johannes zu einen der 12 machte? Dies sind zumindest Fragen, die ich mir stellen würde. Und es sind Fragen, die mir auch in meinem täglichen Leben begegnen. Ich weiß nicht, wie es bei euch aussieht, aber in meinem Leben gab es immer wieder mal Personen in meiner Gemeinde, bei denen ich Gott schnell die Frage stellen konnte: “Bist du dir sicher, dass du da die richtigen Personen zusammen gestellt hast, um diese Aufgabe zu erledigen? Hättest du nicht jemanden finden können, mit dem es einfacherer gewesen wäre? Es ist ja nicht so, dass ich die Person nicht mag, aber wir passen so gar nicht zusammen.”  Oft sind unsere Vorstellungen davon, wie jemand sein muss, um eine Aufgabe zu erfüllen, so weit von Gottes Vorstellungen entfernt. So wie es mir bei diesem Bild, dass wir bis jetzt von Johannes bekommen haben, geht.

Um das ganze noch eine Stufe interessanter zu machen, geht Jesus sogar noch einen Schritt weiter. Johannes wurde nicht nur ein Jünger Jesus, und damit später einer der 12 Apostel - er gehörte mit Jakobus und Petrus auch zum engeren Kreis, der Jesus immer begleiten durfte. Trotz seinem “donnerhaften” Auftreten, und seiner wahrscheinlich schnell aufbrausenden Art, sah Jesus mehr in ihm, so dass er ihn fast immer bei sich hatte. Und diese enge Beziehung ging nicht spurlos an Johannes vorbei. Aber dazu mehr später.

Lies dir nun erstmal die drei Stellen durch, und beschreibe kurz, was nur die drei engsten Jünger Jesu miterlebten. Und versuche dann zusammenzufassen, welche Bedeutung diese Ereignisse wahrscheinlich für sie und ihr Verständnis von Jesus hatten.

Markus 5, 37 −4



Lukas 9, 28-36



Markus 14, 32-42



In den ersten beiden Stellen wurden die drei Freunde Zeuge von etwas Unglaublichen. Sie sahen Jesus als Sohn Gottes. In der ersten Stelle sahen sie seine Macht über den Tod und bei der Verklärung hörten sie Gott, der persönlich erklärte, dass Jesus sein Sohn ist. Aber das ist nur die eine Seite. Denn dann erlebten sie ihn am Ende seiner Zeit auf Erden auch als Mensch, der Hilfe und seine Freunde für dieses letzten, großen Schritt brauchte. Sie wurden die engsten Zeugen davon, dass Jesus sowohl Mensch als auch Gott war. Und dies ging nicht spurlos an ihnen vorbei.

Aus welchen Gründen auch immer Johannes einer dieser drei wurde, auf jeden Fall ließ er sich auf Jesus ein und ließ sich durch diese Freundschaft verändern. Am Ende, kurz bevor Jesus starb, machte er Johannes sogar zum Sohn von Maria an seiner Stelle: “Als nun Jesus die Mutter sah und den Jünger, den er liebte, dabeistehen, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann spricht er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm der Jünger sie zu sich.” (Johannes 19, 26-27, ELB)

Und Johannes selbst kann es gar nicht fassen, dass Jesus ihn so liebt. Im ganzen Johannesevangelium beschreibt er sich als “den Jünger, den Jesus liebte”. D.A. Carson geht in seinem Kommentar davon aus, dass dies ein Ausdruck davon ist, wie sehr Johannes es selbst nicht glauben kann, dass Jesus gerade ihn so liebt.  Er schreibt: “Diejenigen, die sich auf tiefgehende Weise ihrer Sünde und ihrer Bedürftigkeit bewusst sind, und die daraus folgend von den Wundern beeindruckt sind, die sie in der Gnade Gottes, die sich zu ihnen ausgestreckt und sie gerettet hat, finden, die sogar sie gerettet hat, sind meistens auch diejenigen, die am ehesten von sich selbst als Objekt der Liebe Gottes in Jesus Christus reden. …. Wenn ein ‘Donnersohn’ zum Apostel der Liebe wurde, ist es kein Wunder, wenn er sich selbst als ein besonderes Objekt Jesu Liebe sieht. Aber das ist schwerlich ein Zeichen von Arroganz, es ist ein Zeichen der Zerbrochenheit.”  (“those who are most profoundly aware of their own sin and need, and who in consequence most deeply feel the wonders of the grace of God that has reached out and saved them, even them, are those who are most likely to talk about themselves as the objects of God’s love in Christ Jesus. … If a ‘son of thunder’ has become the apostle of love, small wonder he thinks himself as the peculiar object of the love of Jesus. But that is scarcely the mark of arrogance; it is, rather, the mark of brokeness." D.A. Carson, The Gospel according to John, 1991, Seite 76)



Jesus hat Johannes da abgeholt, wo er war. Und obwohl ihn viele wahrscheinlich nicht ausgewählt hätten, Jesus tat es, und er veränderte Johannes in den drei Jahren zusammen, so dass er am Ende zum Apostel der Liebe wurde. Nach Jesu Himmelfahrt wurde Johannes zu einer Stütze in der ersten Gemeinde (siehe Galater 2,9) und schrieb nicht nur das Johannesevangelium, sondern auch noch drei Briefe. Wer hätte das von jemanden erwartet, der den Spitznamen “Donnersohn” von Jesus bekam?

Jesus gab Johannes nicht nur einen neuen Beruf, er veränderte ihn. Jesus sah Johannes nicht nur als den Menschen, der er war, sondern als den, den er durch seine Hilfe werden würde. Und das Beste dabei ist, dass Jesus das auch heute noch kann. Er sieht uns, wie wir sein können, wozu er uns erschaffen hat. Und er will und wird uns verändern, und uns zu der Frau machen, zu der er uns berufen hat, wenn wir ihn nur lassen. Und das Gleiche gilt für jede Christen. Wenn ich auch gerade nicht verstehe, warum Gott mich genau mit diesen Christen in eine Gemeinde und Aufgabe gestellt hat, so weiss ich doch, dass er in mir und meinen Mitchristen am Werk ist. Und das bewirkt  oft gerade durch die Personen, die so gar nicht zu mir passen. Ich bin so froh, dass Paulus Worte in Philipper 1, 16 nicht nur auf Johannes zu trafen, sondern auch auf uns zu treffen: 

“Ich bin ebenso in guter Zuversicht, 
dass der, der ein gutes Werk in euch angefangen hat, 
es vollenden wird bis auf den Tag Christi Jesu.” (ELB) 

Und dieser Mann, der durch seinen Begegnung mit Jesus und seine drei Jahre mit ihm, von einem Donnersohn zum Apostel der Liebe wurde, beschreibt uns in seinem Evangelium vieles von dieser Zeit. Und wenn wir uns nun gemeinsam auf die Reise machen, diesen Bericht zu studieren, hoffe ich, dass Gott ihn auch in unserem Leben benutzt, uns immer mehr zu der Frau zu machen, die er jetzt schon in uns sieht.

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